Flachdächer als Solarkraftwerke: Nachhaltige Energiegewinnung auf Industriedächern
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Deniz Top
Nachhaltiges Bauen im Fokus der Industrie
Industriegebäude sind nicht nur wichtige Wirtschaftsstandorte, sondern auch bedeutende Energieverbraucher und CO2-Emittenten. Angesichts der globalen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und steigenden Energiekosten gewinnt nachhaltiges Bauen in der Industrie zunehmend an Bedeutung. Es geht darum, Ressourcen beim Bau zu schonen und eine energieeffiziente Nutzung über die gesamte Lebensdauer des Gebäudes sicherzustellen.
Der Weg zu energieautarken Industriegebäuden
Energiesparhäuser sind bereits etabliert, doch der aktuelle Trend führt uns einen Schritt weiter: energieautarke Industriegebäude. Hier wird die benötigte Energie, sei es Strom oder Wärme, vollständig vor Ort erzeugt. Dies ist ein wegweisender Ansatz, der nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch Sinn ergibt. Allerdings schrecken viele Bauherren noch vor den anfänglichen Investitionskosten zurück. Zudem spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, wenn es um die Effizienz von energieerzeugenden Anlagen geht, wie zum Beispiel Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen), die Sonnenstrahlung zur Stromerzeugung nutzen.
PV-Anlagen auf Flachdächern: Die optimale Lösung
Typischerweise werden PV-Anlagen auf geneigten Dächern installiert. Sie können jedoch auch auf Flachdächern angebracht werden.
Traditionell werden PV-Anlagen auf geneigten Dächern installiert, um die maximale Sonneneinstrahlung zu nutzen. Flachdächer bieten eine interessante Alternative für die Installation von PV-Anlagen. Der große Vorteil liegt darin, dass Ausrichtung und Neigungswinkel der Module auf Flachdächern optimal und unabhängig von der Ausrichtung des Gebäudes gewählt werden können, vorausgesetzt, es gibt keine Verschattung. Auf diese Weise kann auf Flachdächern ein gebäudeeigenes Mini-Kraftwerk entstehen. Dies macht vor allem Industriedächer und andere Großflächen zu idealen Kandidaten für die Installation von PV-Anlagen.
Ein konkretes Beispiel für die Nutzung von Flachdächern als Plattformen für Solarkraftwerke findet sich auf unserem Werk in Waltershausen, Thüringen. Als führender Hersteller von Abdichtungsbahnen aus dem Nachaltigen Werkstoff EPDM und hochwertigem TPO/FP Owar es daher nur logisch, bei der 2018 errichteten Thüringer Produktionsstätte nachträglich eine PV-Anlage auf der Dachfläche des Produktionsgebäudes zu installieren.
Die richtige Dachkonstruktion für PV-Anlagen
Unsere Flachdachkonstruktion folgt den höchsten Standards für Energieeffizienz und Brandschutz. Die Flachdachkonstruktion unseres Gebäudes zeichnet sich durch einen durchgehend einschalig gedämmten Dachaufbau in klassischer Bauweise aus.
Auf einer Tragschale aus Stahltrapezprofilblechen wurde zunächst die selbstklebende Aluminium-Dampfsperrbahn ALUTRIX® FR, aus unserer eigenen Produktion, verlegt. Darüber angeordnet wurden Wärmedämmplatten aus trittfesten Mineralwolleplatten des Herstellers Rockwool, Bezeichnung Hardrock II, sowie mit unserer EPDM-Dachabdichtungsbahn RESITRIX® MB. Diese Einzelschichten wurden lose verlegt und der Gesamtaufbau mechanisch befestigt.
Mit diesem Dachaufbau erfüllen wir nicht nur die Vorgaben des aktuellen GebäudeEnergieGesetzes (GEG), sondern auch die strengen brandschutztechnischen Anforderungen hinsichtlich der Widerstandsfähigkeit gegen Flugfeuer und strahlende Wärme (harte Bedachung) und darüber hinaus die für großflächige Industriedächer auf Stahltrapezprofilblechen.
Planung und Installation von PV-Anlagen auf Flachdächern
Die Installation und der Betrieb von PV-Anlagen unterliegen öffentlich-rechtlichen Anforderungen des Bauordnungsrechts. Dies beinhaltet die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, der Stand-, Verkehrs- und Nutzungssicherheit, des Brandschutzes sowie des Wärme-, Schall- und Erschütterungsschutzes. Besonderes Augenmerk sollte auf die Schnittstelle zwischen der solartechnischen Anlage und der Dachabdichtung gelegt werden.
Solaranlagen bestehen aus den Solarmodulen/Solarkollektoren, dem Montagesystem und den Elementen zur Lagesicherung der Anlage auf dem Dach. Hierbei unterscheidet man zwischen verschiedenen Bauarten. Die Tragfähigkeit der Unterkonstruktion vorausgesetzt, können sie in die Abdichtungsschicht werksmäßig integriert, aufgeständert oder aufgelegt sein. Integrierte Anlagen bestehen aus Modulen, die werkseitig auf der Oberseite einer Abdichtungsbahn aufgebracht und fest mit dieser verbunden sind. Aufgeständerte Anlagen sind über in die Abdichtungsschicht eingebundene Sockel und/oder Stützen fest mit der Tragkonstruktion verbunden. Die Abdichtung muss dauerhaft an diese Bauteile angeschlossen und oberseitig verwahrt werden. Für aufgelegte Anlagen werden lastverteilende Unterlagen benötigt, die gegebenenfalls zur Stand- und Lagesicherung mit einer zusätzlichen Auflast beschwert sind. Dabei darf die Abdichtungsschicht in keinem Fall zur lastabtragenden Befestigung der Anlagen, z.B. durch Kleb- oder Schweißverbindungen, genutzt werden. Außerdem müssen punkt- oder linienförmige Drucklasten durch den Schichtenaufbau in die tragenden Bauteile abgeleitet werden, um die Abdichtungsschicht nicht zu beschädigen. Dächer mit PV-Anlagen werden wie begehbare und intensiv begrünte Flächen als genutzte Dächer eingestuft. Hierbei sind nach dem technischen Regelwerk eine Reihe von fachspezifischen Anforderungen einzuhalten. So müssen Wärmedämmstoffe eine erhöhte Druckfestigkeit besitzen und der Druckfestigkeitsklasse dh entsprechen. Gemäß Flachdachrichtlinie können allerdings auch Dämmstoffe aus Mineralwolle mit einer Druckfestigkeit von mindestens 70 kPa bei 10 % Stauchung verwendet werden, wenn dabei zusätzlich die Freigabe des Herstellers vorliegt. Ausgehend von den Festlegungen der Energieeinsparverordnung kann es notwendig sein, bei Sanierungsmaßnahmen die vorhandene Wärmedämmung aufzustocken oder bei nicht mehr vorhandener Funktionstüchtigkeit zu erneuern. Es ist festzulegen, welche Schutzschichten, Schutzlagen oder Schutzmaßnahmen vorzusehen sind. Sie müssen mit der Abdichtungsschicht verträglich sein und diese ausreichend schützen. Neben dem statischen Nachweis ist die Lagesicherheit des Gesamtsystems gegen Abheben, Verschieben oder Kippen planerisch abzusichern.
Die planerische Vorbereitung sowie die Lieferung und Montage der PV-Anlage auf dem Industriedach von CARLISLE® unterlag der Wierig Solar AG aus Siegburg. Die Unterkonstruktion der Anlage besteht aus einem lose aufzulegenden Schienensystem. Unterseitig sind zusätzlich Bautenschutzmatten mit einer Auflagebreite von ca. 18 mm angeordnet, die als Schutzlage gegenüber der Dachabdichtung fungieren. Zusätzliche Beschichtungen zur Vermeidung negativer stofflicher Wechselwirkungen mit dem EPDM-Werkstoff der Dachabdichtung sind nicht erforderlich. Es galt außerdem, in enger Abstimmung mit der Deutschen Rockwool GmbH & Co. KG die spezifische Eignungsfähigkeit für die Anordnung der Anlage auf der vorhandenen Mineralwolledämmung abzusichern. Nach statischer Berechnung für die Windsogsicherung und deren Gegenüberstellung mit den Vorgaben der zulässigen Flächen-, Linien- und Punktbelastung wurde die Eignung des Gesamtaufbaus bestätigt. Allerdings hätten die PV-Elemente in hoch belasteten Dachrand- und Eckbereichen zur Gewährleistung des notwendigen aerodynamischen Anpressdruckes zusätzlich ballastiert werden müssen und wurden deshalb dort nicht angeordnet.
Die Bedeutung der richtigen Dachabdichtung
Von entscheidender Bedeutung ist nach den Vorgaben des technischen Regelwerkes ebenfalls die Festlegung einer geeigneten Dachabdichtung. Die Bewertung der Abdichtungsschicht und der anderen Funktionsschichten muss dabei immer im Hinblick auf die geplante Nutzungsdauer der PV-Anlage erfolgen. Das gilt, wie im vorliegenden Fall, auch für Dächer im Bestand. Elastomere Abdichtungen auf Basis des Synthesekautschuks EPDM sind hierfür bestens geeignet. Nach dem technischen Regelwerk werden sie einlagig verlegt. Sie zeichnen sich insbesondere durch ihr dauerelastisches Verhalten und eine sehr hohe Alterungs- bzw. Witterungsbeständigkeit aus. Ihre stoffliche Besonderheit bildet die Grundlage für das über mehrere Jahrzehnte auf hohem Niveau nahezu gleichbleibende gummielastische Verhalten.
Nach einer gründlichen Untersuchung und Bewertung aller Einzelschichten können wir bestätigen, dass der Gesamtaufbau unserer Flachdachkonstruktion auch nach der Nachrüstung mit der PV-Anlage dauerhaft funktionssicher und insgesamt nachhaltig ist.
Fazit: Nachhaltige Energiegewinnung für eine grünere Zukunft
Die PV-Anlage auf dem CARLISLE®-Industriedach wird in Kürze in Betrieb genommen. Durch ihren Einsatz können ca. 15 % des Stromverbrauchs am CARLISLE®-Standort in Waltershausen eingespart und die Treibhausgasemissionen um fast 300 Tonnen pro Jahr reduziert werden. Somit leistet diese Produktionsstätte einen wichtigen Beitrag zur Erreichung des Netto-Null-Ziels der amerikanischen Muttergesellschaft CARLISLE® Companies Incorporated, das bis 2050 erreicht werden soll.
Dies zeigt. dass die Nutzung von Flachdächern als Plattformen für PV-Anlagen eine nachhaltige Möglichkeit bietet, erneuerbare Energie zu gewinnen und gleichzeitig den CO2-Ausstoß zu reduzieren. CARLISLE® Construction Materials Europe zeigt, dass diese Technologie erfolgreich in die Praxis umgesetzt werden kann. Mit der richtigen Dachabdichtung und sorgfältiger Planung können Flachdächer zu Mini-Kraftwerken werden, die einen wichtigen Beitrag zur Energiewende und zur Schaffung einer nachhaltigeren Zukunft für die Industrie leisten.